Website-Icon Andrea Harmonika

Helicobacter-Eltern

Andrea Harmonika Foto: Andrea Litzenburger Helicobacter Eltern

Kennen Sie auch diese Eltern, die ständig um die Köpfe ihrer Kinder kreisen?

Um die fiebernden, dauerhustenden Kinderköpfe, die bevorzugt in den frühen Morgenstunden eine Wagenladung Rotaviren in die Besucherritze reiern?

Wenn man nämlich Kinder hat, ist meistens eins krank. Oder alle. Oder schlimmer noch, sie wechseln sich ab und spielen wochenlang Magen-Darm-Ping-Pong, während man nach der fünften Waschmaschinenladung die Betten am liebsten nur noch mit blauen Müllsäcken beziehen möchte.

Das ist übrigens auch der Grund, warum man spätestens ab dem 1. Kinderzahn eine eigene Hausapotheke besitzt.

Und ich spreche hier nicht von einer verknautschten Schachtel Aspirin, die wir früher in einer vollgestopften Küchenschublade neben dem Weinthermometer geparkt haben.

Ich spreche von einer transparenten Plastikbox in der Größe einer Bierkiste, die plötzlich hoch oben auf dem Badezimmerschrank thront, und in deren Angesicht Eltern gerne Schnick-Schnack-Schnuck um die nächste Zäpfchengabe spielen.

Abgesehen von den obligatorischen Nasentropfen und einer sündhaft teuren und mittlerweile ranzig gewordenen Tube Brustwarzensalbe beinhaltet die rappelvolle Kiste eigentlich immer:

1. mindestens drei angebrochene Flaschen Fiebersaft (bei denen die Dosierspritze entweder verbummelt oder vom Kleinkind platt gekaut wurde),

2. einen Pariboy (das Gerät, mit dem die Kinder immer stundenlang heiße Luft inhalieren, weil man sie vor dem Fernseher vergessen hat), und

3. natürlich tonnenweise Pflanzliches gegen Reizhusten (obwohl mittlerweile mehrfach nachgewiesen wurde, dass Hustensaft aus der Apotheke genau so effektiv gegen Husten wirkt wie rhythmisches Klatschen gegen Krampfadern).

Wie gut also, dass wenigstens wir Eltern angesichts dieser Viren-Bakterien-Flut gesund bleiben. Dass wir von Mutter Natur mit einem geradezu teflonesken Immunsystem ausgestattet wurden, an dem Krankheitserreger sämtlicher Couleur einfach abperlen.

Pffff.
Von wegen.

Wer nämlich den nächtlichen Kotz-Parkour-Slalom mit Kind unter der Achsel zwischen Schlaf- und Badezimmer absolviert hat, hängt garantiert 24 Stunden später selber über der Schüssel. Und spätestens, wenn einem die Kinder zum ersten Mal frontal ins Gesicht niesen, weiß auch der letzte medizinische Laie, warum es Tröpfcheninfektion heißt.

Mütter werden nicht krank.
Dass ich nicht lache.

Abgesehen von grippalen Infekten im vierstelligen Bereich und einem zweifach gebrochenen Mittelfußknochen (nachdem ich über mein Krabbelkind gestolpert bin), habe ich mir beim Kampfkuscheln schon ein blaues Auge geholt und lag erst kürzlich wegen Influenza eine Woche stationär im Krankenhaus.

Eltern sind ständig krank.
Sie haben nur keine Zeit, ständig krank zu sein.

Jedes einzelne in der Vergangenheit schlampig geknotete Tragetuch rächt sich irgendwann mit einem chronischen Morbus Muckefuck der Wirbelsäule.
Aber statt Krankenschein und Stufenbettlagerung, müssen sich Eltern lediglich damit begnügen, herumfliegende Legosteine heimlich rückenschonend wegzusaugen.

Bleibt also nur der nervtötende Klassiker: Das ramponierte Immunsystem durch ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und sportliche Betätigung zu stählen.

Aber seien wir ehrlich: Solange besagter Kotz-Parkour-Slalom nicht olympisch wird, und Beiträge wie diese um 3 Uhr morgens mit zwei Toffifees in jeder Wangentasche geschrieben (oder gelesen) werden, sehe ich da eher schwarz.

Doch Halt!

Bevor wir jetzt alle in unsere kostenlosen Ratiopharm-Taschentücher heulen, kann ich Hoffnung geben. Und zwar in Gestalt meiner ehemaligen Nachbarin.

Besagte Frau Silberstreif-am-Horizont, deren Sohn mittlerweile 15 Jahre alt ist, versicherte mir nämlich erst kürzlich, dass diese grässlichen Kleine-Kinder-ständig-krank-Phasen irgendwann passè sind.

Ist das nicht eine wunderbare Aussicht?

Da fällt einem als Helicobacter-Mutter doch glatt ein Medi&Zini-Hundewelpenposter-großer Stein vom Herzen.

Zwar erzählte die Nachbarin auch, dass der virulente Staffelstab dafür an eine chronische Hormonverwirrung namens Pubertät weitergereicht wird, aber da habe ich bereits nicht mehr richtig zugehört. (Welche Mutter möchte sich schon ihren Kopf über Haare zerbrechen, die irgendwann an Körperteilen sprießen, die heute noch in einer Minions-Unterhose stecken.)

Fazit: Wenn wir also das nächste Mal wieder einen Tag vor dem Urlaub auf das Fieberthermometer unserer Kinder starren, dessen Anzeige quasi mit der Wettervorhersage des anvisierten Reiseziels übereinstimmt, trösten wir uns einfach damit, dass der ganze Spu(c)k in ein paar Jahren Geschichte ist.

Und wenn wir selber mal wieder krank sind, parken wir die Kinder einfach mit einem großen Vorrat unpädagogischen Fingerfoods vor der viereckigen Tante und ziehen uns die wohlverdiente Bettdecke über den verstopften Rotzkopf.

Ich nenne es: bedürfnisorientiertes Kranksein.

 

Für meine Mütter,
deren Hilfsbereitschaft und Hühnersuppe man nicht in Gold aufwiegen kann.

Und für die arschcoole Juramama,
die, bevor sie weiterliest, vielleicht erst einen Betablocker einwirft.

 

**********
!Ding!Ding!Ding!
!Gewinnspiel!

Wer möchte, kann jetzt noch das Seuchen-Quartett gewinnen, das ich oben für das Titelbild fotografiert habe.

Das Seuchen-Quartett ist ein echtes Spiel mit 32 Karten und bringt nicht nur Spaß, sondern auch haufenweise lehrreiche Fakten. Oder hätten Sie etwa gewusst, dass eine Lymphatische Filiariose die Inkubationszeit von Syphilis sticht?

(Teilnahmebedingungen unter juristisches Geblabel.*)

*juristisches Geblabel

**********

Die mobile Version verlassen