Website-Icon Andrea Harmonika

Hysterisches Kaiserschnittgejammer

Kaiserschnittnarbe Foto: Andrea Litzenburger

Herrje Kaiserschnittmütter,

ihr konntet also eure Babys nicht mittels Regenbogenwehe im Lotussitz herauslächeln, sondern wurdet per chirurgischer Intervention entbunden?

Habt ihr wirklich keine anderen Sorgen, als hier mit euren lächelnden, gesunden Kindern im Arm auf hohem Niveau zu jammern?

Es ist ein Segen, dass Frauen heute die ganze schulmedizinische Bandbreite einer Entbindung zur Verfügung steht, und ihr benehmt euch, als würde ein Fluch auf deutschen Kreißsälen lasten.

Dieses ewige „Ich-fühl-mich-um-die-Geburt-betrogen-Mimimi“ nervt.
Der Kaiserschnitt hat euch und euren Kindern das verdammte Leben gerettet!

Also seid endlich dankbar und hört auf zu jammern, ihr First-World-Problems-Wöchnerinnen!

Euer allgemeiner Tenor

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Hallo allgemeiner Tenor,

keine Ahnung, warum Du immer gleich annimmst, alle Befürworter der natürlichen Geburt würden automatisch die Schulmedizin ablehnen. Nicht einmal im Traum möchte ich nackt auf einer Waldlichtung mit einem Stück Leder zwischen den Zähnen ein Kind gebären.

Der Kaiserschnitt ist zweifelsohne eine der wichtigsten medizinischen Errungenschaften. Aber darf nicht auch der Herzinfarktpatient mit den invasiven Maßnahmen hadern, obwohl sie ihm das Leben gerettet haben?

Auch eine lebensrettende Intervention kann als Akt der Gewalt empfunden werden, ein Gefühl der Leere hinterlassen oder irrationale Schuld- und Versagensgefühle auslösen.

Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass neben den wirklich echten, dramatischen Notfällen der lebensrettende Kaiserschnitt in vielen Krankenhäusern wie Freibier ausgeschenkt wird.

Einen Euro für jede Schwangere, der mit Blick auf die Bundweite ihrer Jeans ein zu schmales Becken attestiert wurde (mein eigenes übrigens eingeschlossen, und trotzdem kam das zweite Kind mit Ohren zur Welt).

Wenn Du also das nächste Mal deinen Kopf über First-World-Problems-Wöchnerinnen schüttelst und mit „Hauptsache gesund“ ihren Schmerz, ihre Ängste oder die Trauer über eine anders verlaufene Geburt herabwürdigst, dann geh vorsichtshalber in Deckung.

Es könnte nämlich sein, dass sie zum Gegenschlag ausholen.
Auf deine unwissende Nase. Du Arschloch!

Deine #Kaiserschnitten

 

Für alle Mütter, denen die Angst um das eigene und das Leben ihres Kindes immer wieder aufs Bett kommt.

Für alle Frauen, die andere Mütter für einen Wunschkaiserschnitt verachten. Es geht euch einen feuchten Kehricht an, wieso und warum andere Frauen per Sectio entbunden haben.

Für meine Arbeitskollegin, die als Reaktion auf meinen Kaiserschnitt sagte: „Schon wieder eine, die ihr Kind geschenkt bekommen hat“. Ich weiß, Du hast es nicht böse gemeint, aber ich habe mir deshalb auf dem Heimweg die Augen aus dem Kopf geheult.

Für euch Hebammen, die ihr jeden Tag ermutigt, anfeuert, beruhigt, aufklärt, umsorgt und tröstet. Die ihr mittlerweile mehr Aufarbeitungs- als Geburtshilfe leisten müsst. Ich hoffe inständig, dass ihr nicht aussterben müsst.

Aber auch für alle Hebammen, die Kaiserschnittmüttern eine Nachsorge 2. Klasse zukommen lassen. Was immer euch dazu bewegen mag, lasst es sein, denn es ist schrecklich!

Und zu guter Letzt für Liz, die den Anstoß zu diesem Beitrag gegeben hat. Die das Kiddo „unter Heulen und Zähneklappern“ geboren hat, immer noch wütend auf ihre äußerlich verheilte und dennoch schmerzende Narbe ist und nun hier Eure Geschichten und Narbenbilder sammelt.

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