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Die hässliche Seite der Mutterschaft

my beautiful mommy Foto: Andrea Litzenburger Andrea Harmonika Blog

Machen wir uns nix vor: Spätestens, wenn die Kinder geschlüpft sind, verwandelt sich der schwangere Schmetterling in eine reizlose Raupe. Aber anstatt diesen neuen, hässlichen Körper möglichst schnell wieder unter Kontrolle zu bringen, lassen wir ihn auch noch schleifen.

Denn obwohl uns bereits direkt nach der letzten Presswehe eine Vielzahl straffender Übungen zur Auswahl stehen (die wir wegen unseres ramponierten Untergeschosses sogar prima im Stehen durchführen könnten), lümmeln wir uns lieber durch das Wochenbett, sind später meistens eher müde als sportlich und verputzen mehr Kalorien, als wir beim anschließenden Staubsaugen verbrennen.

Natürlich können wir vorerst mit Make-Up und Spandex-Wäsche fudeln, aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem uns die nackte Wahrheit aus der Dusche und vor den Badezimmerspiegel zerrt.

Da stehen wir dann und blicken deprimiert auf einen Körper, der irgendwann einmal 20 war und jetzt irgendwie und irgendwo immer zu fett, zu flach oder zu faltig ist.

Jetzt hilft natürlich nur noch eins: das chirurgische Ausradieren all jener Spuren, die uns diese garstige Mutterschaft eingebrockt hat.

Und damit das auch wirklich jedes Kind kapiert, gibt es endlich ein passendes Bilderbuch zu diesem Thema.

Geschrieben hat es der New Yorker Schönheitschirurg Dr. Michael Salzhauer, und er hat es My fuckable, pardon, My beautiful Mommy genannt.

Erzählt wird die Geschichte von Mommy, die, eine Hakennasenkorrektur und Bauchdeckenstraffung später, aus ihrem Mullbindenkokon schlüpft und endlich wieder ein hübscher Schmetterling ist.

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Anhand dieser bezaubernden und liebevoll illustrierten Geschichte können Kinder, in diesem Fall Mommys Töchterlein, bereits von klein auf lernen, dass (und an dieser Stelle möchte ich gerne Kalle Grabwoski aus Bang Boom Bang zitieren) man auch an einer super Braut mitunter noch einiges optimieren kann.

Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Präventionsarbeit mittels Überarbeitung bestehender Kinderbuchklassiker. Nachdem ja die Biene Maja bereits Wespentaille trägt und selbst dem neuen Pumuckel keine Plautze mehr aus dem Hosenbund quillt, könnte man zum Beispiel Otfried Preusslers kleine Hexe endlich darauf hinweisen, dass, Winter hin oder her, sieben übereinander getragene Röcke einfach immer einen fetten Hintern machen.

Und auch den ganz Kleinen sollten wir dieses gesellschaftsrelevante Thema möglichst frühzeitig zugänglich machen. Schließlich ist das Leben kein Wimmelbauernhof.

Außerdem sollten Texte, die fälschlicherweise suggerieren, dass man sich nicht auf dem OP-Tisch, sondern nach einer Woche voller Völlerei in einen hübschen Schmetterling verwandelt, unbedingt korrigiert werden.

 

Tja, oder vielleicht schlagen wir demnächst einen völlig anderen Weg ein. Nämlich den in die Familiensammelumkleide im Schwimmbad.

Dort setzen wir uns dann alle dem realen Anblick völlig durchschnittlicher, nackter Elternkörper aus, und am Ende der ganzen heilsamen Spannerei behält dann nicht mehr Dr. Salzhauer oder Kalle Grabowski, sondern Marilyn Manson Recht:

We will no longer be oppressed by the fascism of beauty!

 

Für diesen Moment,
wenn alles baumelt. Außer der Seele beim Blick in den Spiegel.
Oder die Bunte.

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